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Lösemittelreiniger und elektrostatische Aufladung

von Dr.-Ing. Roland Studenroth, Kissel + Wolf GmbH

Im Siebdruck werden im großen Umfang Lösemittel eingesetzt und verarbeitet, sei es zu Reinigungszwecken (manuell oder maschinell) oder als Bestandteil von Druckfarben, Verdünnern oder Verzögerern. Dabei besteht ein nicht zu vernachlässigendes Gefahrenpotenzial, auf das in vielfaltiger Weise durch Vorschriften und Richtlinien hingewiesen wird. Dabei sind die für den Siebdruck branchenspezifischen BG-Ausarbeitungen „BGI 801 – Gestaltungsregeln für Einrichtungen und Anlagen zur Reinigung und Entschichtung von Siebdruckformen“ sowie die LASI-Empfehlungen „Umgang mit Lösemitteln im Siebdruck“ von besonders hohem Informationsgehalt und Nutzwert.

Trotz dieser vielen Hinweise und Regeln, bei deren Einhaltung das Gefahrenpotenzial minimiert sein sollte, hat sich Kissel + Wolf Gedanken gemacht, wie man Gefahrenmomente weiter verringern und die Arbeitssicherheit steigern kann. Dabei haben wir uns dem Thema elektrostatische Aufladung von Lösemitteln angenommen, das im Siebdruck zumeist in zweierlei Form zu Tage tritt:

a) Aufladung von strömenden Lösemitteln (Befüllen und Entleeren von Behältern)

b) Aufladung von Lösemitteln durch Verdüsen bzw. Vernebeln in Siebwaschanlagen

Wie kommt es eigentlich zur Aufladung von Lösemitteln bzw. Lösemitteltröpfchen? Im Falle von strömenden Flüssigkeiten erfolgt dies nach der Theorie der elektrischen Doppelschicht (bereits 1879 von Helmholtz formuliert), d.h. auch in einem Lösemittel befinden sich geladene Teilchen, deren positive Seite sich beispielsweise zur festen Wandung hin orientieren, während die negativen Gegenionen (nach außen hin ist das System neutral) sich zur flüssigen Phase hin orientieren. Mit zunehmender Strömung werden dann diese negativen Gegenionen im Lösemittelstrom mitgerissen, und es kommt zur Ladungstrennung, und dies um so stärker, je geringer die Eigenleitfähigkeit der flüssigen Phase ist. Mit anderen Worten: Je geringer die Leitfähigkeit des strömenden Lösemittels ist, um so größer ist die Höhe des Potenzialunterschieds und um so größer ist die Gefahr einer spontanen Entladung, die zur Entzündung oder auch Explosion der Lösemittel führen kann.

Im Falle des Verdüsens oder Vernebelns von Lösemitteln in Siebwaschanlagen (durch Düsenstöcke oder rotierende Bürsten) kommt es durch zwei sich überlagernde Phänomene zur Ladungstrennung. Zum einen haben wir es mit dem sog. Lenard-Effekt zu tun, der besagt, dass Flüssigkeiten gegenüber Luft eine recht regelmäßige Oberflächenladung tragen, die aber im Untergrund durch Molekülbewegung unregelmäßig kompensiert wird. Beim Zerreißen der Flüssigkeit bleibt die Oberflächenladung weitgehend erhalten, aber der Untergrund wird so schnell abgetrennt, dass kein Ladungsausgleich mehr stattfinden kann. So kommt es zu geladenen Tröpfchen. Dieser Prozess der Ladungsbildung wird noch überlagert vom Prozess der Tröpfchenteilung, indem nämlich mit dem spontanen Zerreißen des Tröpfchens frei bewegliche Ladungen mit getrennt werden. Hier reicht das Verdüsen als Geschwindigkeit aus, um den Ladungsausgleich zu verhindern. Weitere Aufladvorgänge der Flüssigkeitströpfchen sind denkbar, wenn sie auf isolierendes Schablonenmaterial auftreffen, was dann eher wieder unter Vorgang a) einzuordnen wäre.

Den geschilderten Gefährdungen durch elektrostatische Aufladung von Lösemitteln im Siebdruck kann man entscheidend entgegenwirken, wenn man dafür sorgt, dass ein rascher Potenzialausgleich durch möglichst hohe elektrische Leitfähigkeit der Lösemittel erzielt wird. Aus diesem Grund hat Kissel + Wolf bereits seit längerer Zeit alle sog. CLEANLINE-Lösemittelreiniger, die in Siebwaschanlagen zum Einsatz kommen, mit einer hohen Leitfähigkeit ausgestattet (> 1 μS/m lt. BGR 132), um Gefahren durch Elektrostatik zu minimieren. Selbstverständlich sind alle sonstigen Regelwerke in Bezug auf Lösemittel nach wie vor zu beachten, und der Einsatz leitfähig gemachter Lösemittel soll nicht zu unachtsamem Umgang mit Lösemittelreingern führen. Aber wir sind überzeugt, hiermit einen wichtigen Schritt hin zu mehr Arbeitssicherheit getan zu haben.

Speziell in Durchlauf-Siebwaschanlagen, die am Ende eine Auswaschstation mit Wasser besitzen, werden häufig Siebreiniger eingesetzt, die emulgatorhaltig sind. Aufgrund der chemischen Struktur der Emulgatoren sind solche Siebreiniger automatisch gut leitfähig. Zu beachten ist allerdings, dass nach der Destillation der Lösemittelreiniger sowohl der Emulgator als auch die Leitzusätze verloren gehen und ersetzt werden müssen. Destillierten CLEANLINE-Reinigern muss also entweder die Emulgatorkomponente KIWOCLEAN EM 728 oder das Leitfähigkeitsadditiv KIWOMIX LA 1035 zugesetzt werden.

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