Herausforderungen wie die drucktechnische Umsetzung von haptischen Effekten oder Brailleschriften und taktilen Elementen sind für den Siebdruck prädestinierte Anwendungsgebiete. So zum Beispiel die Braille Schrift zur Kennzeichnung für Pharmaverpackungen. Sie ist bereits seit 2007 Pflicht in der EU, und sie wurde in den 80er-Jahren als Initiative der deutschen Pharmaindustrie auf den Weg gebracht. Auch in den meisten anderen europäischen Ländern ist die Kennzeichnung längst Normalität.
Wichtige Komponenten in der Anwendungstechnik sind eine geeignete Schablonentechnik sowie den Anforderungen entsprechende Drucklacke (meist UV-Lacke). Die folgenden Ausführungen sollen über Erkenntnisse und Erfahrungen zu diesem interessanten Themengebiet informieren.
Die wichtigste Basis für eine solche Druckaufgabe ist die richtige Gewebeauswahl. Die Hauptproblematik ist: je grober ein Gewebe ist, umso schlechter das Auflösungsvermögen der Schablone. Die feinste geforderte Auflösung bei Braillepunkten und taktilen Elementen liegt bei 1,5 mm Punktdurchmesser bzw. Strichstärke, wobei aber die Schichtübertragung des Druckmediums in positiver Abhängigkeit zur Gewebedicke und zum theoretischen Farbvolumen der Gewebegeometrie steht. Je grober das Gewebe gewählt wird, umso mehr Druckmedium wird übertragen.
Zunächst sollte differenziert werden, ob Braillepunkte, taktile Warnzeichen oder beides in Kombination gedruckt werden sollen. Für den Fall, dass allein Braillepunkte gedruckt werden, empfiehlt sich ein 21-140 Y Gewebe. So lassen sich die Braillepunkte bezüglich des Durchmessers (Norm: 2 mm) und ihrer exakt runden Geometrie optimal mit dem groben Gewebe reproduzieren. Aufbaudicken bis zu 0,3 mm und auch mehr sind mit der richtigen Kopierschicht bzw. Beschichtungstechnik kein Problem.
Der Siebdruck-Partner Remigius Schneider hat sehr viele Tests mit Andrucken durchgeführt. Dabei haben sich Gewebefeinheiten von 27- 120 bzw. 32- 70 für die Dickschichtschablonen bewährt.
Beim Druck von einzig taktilen Warnzeichen wird es bezüglich der Gewebegeometrie bei einem 21-140 Y Gewebe schwierig. Dies bezieht sich sowohl auf die Auflösung (Norm: 1.5 mm Strichdurchmesser), als auch auf das schlechtere Auslöseverhalten im Druckprozess (Schmieren). Deshalb empfehlen sich hier der Einsatz eines 32-70 Y Gewebes und eine angepasste Beschichtungstechnik. Aufbaudicken des Druckmediums von 0,2 mm bis 0,3 mm sind bei diesem Gewebe mit entsprechender Kopierschicht und Schablonenaufbaudicke ohne weiteres möglich. Sollen Braillepunkte und taktile Warnzeichen mit einer Schablone gedruckt werden, empfiehlt sich ebenfalls ein 32-70 Y Gewebe, da hier der beste technische Kompromiss gegeben ist.
Ist die geeignete Gewebegeometrie gewählt, so muss die Beschichtungstechnik so eingesetzt werden, dass ein gutes Auslöseverhältnis des Druckmediums gewährleistet wird.
Eine gute Möglichkeit hierzu bietet die Nass-in-Nass-Beschichtungstechnik. Beispielsweise bei einem 32-70 Y Gewebe empfiehlt sich eine 2-3 oder 2-4 Beschichtung, mit der bei einer geeigneten hochviskosen Kopierschicht Aufbaudicken (EOM=Schichtdicke über dem Gewebe) von 250 µm bis 300 µm und mehr erzielt werden können. Diese Schablonenaufbaudicken sind für den Druckprozess optimal.
Ein höherer Schichtaufbau als 300 µm über dem Gewebe macht aus drucktechnischer Sicht keinen Sinn und ergibt im fortlaufenden Druckprozess Probleme (Schmierverhalten bzw. schlechtes Auslöseverhalten). Eine weitere Möglichkeit bietet die Übertragung eines Dickschicht-Kapillarfilms (200 µm-300 µm Schichtstärke) im Nasstransfer-Verfahren, der dann zusätzlich nach der Trocknung mit einer geeigneten Emulsionsbeschichtung von der Rakelseite kombiniert bzw. verankert werden kann. Auch hierbei sind Aufbaudicken (EOM) von 200 µm bis 300 µm möglich.
Kissel + Wolf GmbH empfiehlt für die Emulsionsbeschichtung eine speziell für den Brailledruck entwickelte Kopierschicht, KIWO POLYCOL S 295 HV. Diese hochviskose, einkomponentige Kopierschicht zeichnet sich durch sehr gutes Auflösungsvermögen bei hohem Schichtaufbau aus. KIWO POLYCOL S 295 HV ist auflagenbeständig und für die empfohlenen Gewebe (32-70 Y o. 21- 140 Y) besonders geeignet. Des weiteren kann für die bereits beschriebene Kapillarfilmvariante ein ULANO CDF QT-Thickfilm in Kombination mit ULANO–QT-Thik-Kopierschicht empfohlen werden. All diese Variationsmöglichkeiten müssen den jeweiligen betrieblichen Prozessen bzw. Anforderungen entsprechend angepasst und getestet werden.
Auch im Hause Remigius Schneider zeigen Tests und Erfahrungen vergleichbare Ergebnisse. Favoriten sind die Kopierschichten von Kissel + Wolf. Besonders hervorzuheben ist auch die ULANO QT-Thix, da sich diese auch bei der CtS-Belichtung (Sign Tronic STM mit 2400 dpi) bestens bewährt hat – speziell betreffend der Belichtungsgeschwindigkeit und den Entwicklungsprozess.
Aber auch mit den beiden Kopierschichten KIWO POLYCOL XXL und KIWO POLYCOL S 295 HV wurden gute Schablonen produziert. ULANO CDF QT-Kapillarfilme sind zudem als weitere sehr gute Alternative zu nennen.
Um einen standardisierten Prozess gewährleisten zu können, sollte nur maschinell beschichtet oder mit Kapillarfilmen gearbeitet werden. Die beschichteten Schablonen müssen ausreichend getrocknet werden, d. h. deutlich länger als normale Siebdruckschablonen mit 4-20 µm.
Zum Beispiel:
Wichtig ist eine ausreichende Durchhärtung der Kopierschicht auf der Rakelseite. Z. B. mit StencilMaster STM aus dem Hause Sign Tronic AG.
Manuell: Das Sieb nach der Belichtung nur von der Druckseite mit warmem Wasser und starkem Brausestrahl (kein Hochdruck) auswaschen, mit einem Schwamm und der rauen Seite leicht über das Motiv reiben. Dann kurz von der Rakelseite. Beginnt das Druckmotiv aufzugehen, nur noch mit kaltem Wasser und sanftem Hochdruck wieder von der Druckseite waschen. Die Düse schräg zum Sieb halten, damit die Flanken sauber werden, nacheinander alle vier Seiten ausspritzen, d. h., das Sieb einmal drehen.
Maschinell: Das Dickschichtsieb auch beim maschinellen Verfahren zuerst mit warmem Wasser von der Druckseite manuell entwickeln. Wenn das Druckmotiv beginnt aufzugehen, kommt das Sieb in die Entwicklungsmaschine. (Das Programm der Entwicklungsanlage sollte einseitigen- und beidseitigen Druck mit einstellbarem Druck zulassen). Ob manuell oder maschinell entwickelt, saugen Sie mit dem Wassersauger nur von der Rakelseite. Mit einem, z.B. Wypall X-80 Lappen (wasserfest, saugfähig, fusselarm) kurz auf das Druckmotiv drücken und die Nässe von der Druckseite abnehmen. Wie bei der Beschichtung spielt nach der Entwicklung die Trocknung eine sehr wichtige Rolle. Nicht ausreichend getrocknete Dickschichtschablonen haben nur eine geringe Auflagenbeständigkeit.
Empfehlenswert sind ausschließlich standardisierte Rakel. Druckparameter wie Absprung, Druckgeschwindigkeit, Rakel-Anstellwinkel und eingesetzter Relieflack sollten dokumentiert werden.
Hier steht Ihnen das Marabu-Portfolio sowohl für den Flach- als auch Rotations-Siebdruck zur Verfügung.
Auch hier werden Braillelacke gedruckt, z. B. mit BZ-Geweben.
Für viele Kunden ist Outsourcing die wirtschaftlichste Lösung.
Die Vorteile sprechen für sich:
Ihr Siebdruck-Partner vor Ort und die Anwendungstechnik der Hersteller berät Sie gerne.
Kissel + Wolf GmbH, Anwendungstechnik Sieb- und Textildruck
Bernhard Hastrich, Betriebsleiter und das Team Sieb-Kopie, Remigius Schneider GmbH